Die LARHGO-Sektion auf webvoss.de
Impressum & Datenschutz · Sitemap · webvoss.de: LARHGO > Regeln

LARHGO X - Zu den neuen Regeln

Anmerkung: Dieser Text wurde ursprünglich von Sketch und von mir für LARHGO X verfasst. Auf diesem LARHGO wurden die neuen, sogenannten "offenen Regeln" das erste mal getestet - mit großem Erfolg. Seitdem sind diese Regeln für die weiteren LARHGOs gültig.


Mmh... Was gibt es denn spannendes über die Regeln zu erzählen, die wir auf LX mal gerne testen möchten, da wir der Meinung sind, daß, wenn sie funktionieren, es die vielleicht beste Variante darstellt?!

Nun, vielleicht fangen wir einfach so an: Wir nennen sie die "Offenen Regeln". Es gibt absolut keine Werte/Punkte für irgendetwas. Wir möchten weiter weg vom Papierrollenspiel. Wir möchten, daß alle Anwesenden sich in eine Rolle versetzen und bestmöglich versuchen, eben diese realistisch darzustellen bzw. es so rüberbringen, das andere leicht verstehen können, was gemeint ist. Das Grundprinzip soll heißen: Was überzeugend dargestellt wird, gilt.

Es wird bei diesem Larhgo nicht die üblichen Regeln geben, sondern so ziemlich gar keine. Und diese wenigen definieren sich wie folgt: Es gibt keine Werte und alles muß ausgespielt werden. Was wiederrum beinhaltet, daß Du nichts in Gang bringen solltest, was eben nicht ausgespielt werden kann. Keine Werte bedeutet im einzelnen z.B. das es keine Magiepunkte gibt, es gibt keine Rüstungspunkte, keine Lebenspunkte und auch keine Trefferpunkte. Eben keine Punkte. Basta. Ende und Aus. Du mußt Dir selber überlegen, wann deine Rüstung im Eimer ist, wann Du erschöpft vom Zaubern bist und was die Treffer und Zauber des Gegners bei Dir anrichten. Das ist eine große Verantwortung, denn wenn Du Dich dabei unfair verhältst oder allzu unrealistisch, dann machst Du anderen das Spiel kaputt. Gutes Rollenspiel ist gefragt, und dazu braucht es unserer Meinung nach keine anderen Regeln als den gesunden Menschenverstand.

Es kann gut funktionieren. Und nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch. Es hängt allerdings alles von Dir ab. Du mußt unbedingt bereit sein, Kompromisse zu machen und auch mal zurückzustecken. Du mußt also Charakterstärke beweisen. Du mußt Dinge mit Dir passieren lassen, auch wenn Du der Meinung sein magst, das ist alles nicht ganz o.k.! Nimm es einfach hin, oder agiere auch anders, und der andere oder die anderen müssen es hinnehmen.

Ein Beispiel: Du kämpfst mit Deinem Zweihänder gegen einen Gegner, der nur einen Kochlöffel besitzt. Du trägst außerdem eine Metallrüstung und der andere trägt - Mmh... 'ne Windel. Du hast den Typ schon mindestens 73 mal getroffen und trotzdem tanzt er um Dich herrum, als hätte er seine Windel voll. Normalerweise hätte der Hajo schon nach deinem ersten Treffer zumindest vor Schmerzen schreien müssen. Spielerisch versteht sich. Aber anstatt ihn jetzt vollzuschnauzen, nimmst Du es als mysteriös hin und denkst: Es wird sicher an der Windel liegen. Beim Kampf kannst Du also auf verschiedene Arten kämpfen, je nachdem mit wem Du es zutun hast.

Du kannst auf Kondition kämpfen, bis der andere aufgibt oder eben realitätsnah. Du solltest halt einsehen können, wann es Dich erwischt hat und Dich auch dementsprechend verhalten. Das verlangt natürlich viel von Dir.

Natürlich gibt es auch bei den Offenen Regeln Sicherheitsbestimmungen. Die gelten weiterhin: Keine Schläge, womit auch immer, zum Kopf. Genitalien sind ebenso Sperrzone. Eben alles, was exterm leicht verletzt werden kann. Stechen mit Latexwaffen und Schaukampfwaffen ist natürlich auch untersagt. Bei der Sicherheit gibt es eben auch eine Regel: Es zählt der gesunde Menschenverstand. Und: Jeder sollte mit aufpassen.

Auch gilt z.B. weiterhin der "STOP"-Ruf. Stößt ihn jemand aus, so wird die Aktion sofort unterbrochen.

In der Magie kannst Du alles machen, was gut darzustellen ist und glaubwürdig erscheint. Dieses beinhaltet auch, das die anderen verstehen, was ab geht. Du mußt also auch verbal äußern, was Dein Zauber bewirken soll. Zum Beispiel machst Du ein lustiges Ritual, hast deine entsprechenden Requisiten und sprichst dann: "Möge Dich mein Atem für eine Weile an den nächsten Baum fesseln". Danach redest Du z.B. ein wenig Latein rückwärsts und anschließend hat der andere zu reagieren, wie er es für angemessen hält. Auch dieses hast Du wiederrum zu akzeptieren.

Magische Gegenstände müssen optisch erkennbar sein. Verbales Gebrabbel im Stile von: "Magische Waffe, Magische Waffe" ist Blech. Besondere Gegenstände müssen eine Schriftrolle tragen, die ihre Eigenschaften klar beschreibt. Dies gilt z.B. für Tränke, magische Gegenstände usw. Natürlich ist das schon wieder ein Kompromiß, eben etwas Papierrollenspiel, aber auf manche Dinge möchte man eben nicht verzichten, wie z.B. Tränke. Wichtig ist aber, daß immernoch so viel wie möglich dargestellt wird, z.B. bei der Trankherstellung aufwendig gebraut wird, Gift auch wirklich in ein Getränk geschüttet wird (natürlich kein echtes Gift!!!) usw. Sollte etwas kaum darstellbar sein und eine lange Schriftrolle erfordern, sollte man sich die Sache wohl lieber schenken. Jetzt mag sich der eine oder andere fragen, warum wir die ganzen alten Regeln über den Haufen werfen (übrigens erstmal nur testhalber für Larhgo X). Wer aber schon einmal einen richtigen Streit um Regeln miterlebt hat und weiß, wie sehr einen das aus dem Spiel bringt und die Atmosphäre vergiftet, wird sofort zustimmen, daß die alten Regeln nicht der Weisheit letzter Schluß sind. Die neuen Fast-gar-nicht-Regeln gehen einfach von einem völlig anderen Ansatz aus: Du bist ein erwachsener Mensch, fähig, selbstständig zu denken und zu handeln. Du hast eine Vorstellung davon, wieviel ein Mensch an Waffentreffern hinnehmen kann, Du hast ein Gefühl dafür, was eine tolle Magie-Show ist und was nicht, und Du bist erfahren genug, um zu wissen, daß nicht immer alles so läuft, wie man will, aber daß darin auch die Würze des ganzen liegt, die Herausforderung. Wir geben Dir die Verantwortung, daß das Spiel gut wird - für Dich und für andere.

Daraus resultiert auch, daß wir z.B. keinen Waffentest zu Beginn machen. Jeder sollte selber dafür sorgen, daß seine Waffen sicher sind. Aber auch jeder Spieler ist aufgefordert, einzugreifen, wenn er eine Gefahr sieht. Jeder Spieler ist aufgefordert, den anderen ernst zu nehmen, sonst nimmt ihn irgendwann auch niemand mehr ernst.

Das ganze funktioniert sicher nur dann, wenn man bereit ist, das Gute ebenso hinzunehmen wie das Schlechte. Man muß akzeptieren können, daß man gerade Opfer eines Zaubers geworden ist, man muß akzeptieren, daß jemand anders besser kämpft. Aber auf der anderen Seite steht es einem ja auch frei, einen "Bumm, Du bist tot in 5 Sekunden"-Spruch zu ignorieren, weil er einfach lächerlich ist, oder zu beschließen, daß die aus dem Handgelenk geführten Schläge mit dem Bihänder die eigene Plattenrüstung einfach nicht durchdringen. Die Aufgabe ist, alle überzeugend darzustellen, eben Rollenspiel zu betreiben. Und alle sind gehalten, gutes Rollenspiel zu honorieren, indem sie darauf eingehen. Und sich nicht über die Hindernisse zu ärgern, die sich vielleicht mal daraus ergeben, sondern sich Gedanken machen, wie man da wieder rauskommt, mit gutem Rollenspiel, versteht sich. Und wer's schonmal probiert hat, wird bestätigen, daß es auch noch höllisch Spaß macht!

Um das ganze zu verdeutlichen, vielleicht noch ein paar Beispiele:

Wir schauen einmal auf den seltsamen Fredegar, seines Zeichens Absolvent der magischen Akademie von Pergon. Er steht gerade über ein Kohlebecken gebeugt, in das er kleine, braune Blätter rieseln läßt, deren Rauch nun das Zelt des kleinen Mannes mit aromatischem Duft erfüllt. Johann, der Söldner, der gerade seinen Lohn für die Bewachung der Karawane erhalten hat und sich von Fredegar die Zukunft weissagen lassen wollte, lauscht neugierig auf die unverständlichen Worte, die Fredegar da murmelt. Er versteht aber nix, denn von Magie hat Johann soviel Ahnung wie vom Fliegen. Als Fredegar ihm ins Ohr säuselt: "Mein Guter, Nebel ümfängt Deinen Geist und Du sinkst schlafend danieder, um erst in einer Viertelstunde mit Kopfweh und einem schwarzen Loch in Deiner Erinnerung zu erwachen", da versteht ihn Johann aber ganz genau, und weil die Sache mit den Kräutern wirklich ziemlich gut war, sinkt Johann nun auch brav herab und läßt sich wohlig schlafend ausrauben.

Fredegar muß nun zusehen, wie er den Schlafenden los wird. Er säuselt Johann erneut ins Ohr: "So, komm, steh auf, ich trag Dich jetzt raus." Na ja, einem Schlafenden kann man viel sagen, Johann denkt einen Augenblick nach, aber er kommt zu der Überzeugung, daß ein Schlafender eigentlich nur zwei Sachen tun kann: Schlafen oder Aufwachen. Er entschließt sich fürs Liegenbleiben, denn der Teppich in Fredegars Zelt ist nicht nur voller mystischer Muster, sondern auch ausgesprochen weich und warm. Fredegar stößt einen Fluch aus und legt nun zähneknirschend Hand an. Schwer keuchend schleppt er den Schnarchsack Richtung Waldrand.

Dort wird er von Talandor gesehen. Talandor ist Johanns Saufkumpane und etwas mißtrauisch. Er zieht sein Langschwert und schreitet drohend auf den schwer atmenden Fredegar zu. "He, was hast Du mit dem da angestellt?" knurrt er düster. "Ach, der ist besoffen in mein Zelt gekommen und dort eingeschlafen", gibt Fredegar zurück. Talandor weiß aber, daß Johann nie ohne ihn saufen würde. "Du lügst!" brüllt er und hebt seine Waffe. Das wiederum sieht Sir Geoffrey, seines Zeichens Ritter und gerade mit einer Schar Gleichgesinnter dabei, zu Lautenspiel und warmem Tee Lieder zu singen. Aber ein Ritter ist ein Ritter, und der hilft den Wehrlosen. Er springt also (nicht ohne Bedauern über das jähe Ende der gemütlichen Runde - eigentlich hat er gar keine Lust zum Kämpfen, bäh!) auf, läuft auf die Streitenden zu, sein Langschwert zückend, und brüllt: "Das könnte Euch so passen! Auf einen Unbewaffneten eindreschen! Mal sehen, ob Ihr's mit mir aufnehmen könnt!"

Während nun der Kampf entbrennt, beschließt Fredegar, daß dies genau der richtige Zeitpunkt zum Abhauen ist, und das tut er dann auch. Talandor hatte noch Zeit gehabt, ihm mit dem Langschwert eine üble Wunde am Arm beizubringen. So muß Fredegar, der sich eigentlich schon auf sein Bett gefreut hatte, noch einen Heilkundigen suchen. Er geht zum Zelt von Cedric, dem Heiler, der offensichtlich schon schläft. Egal, denkt sich Fredegar, ich verblute gerade und habe höllische Schmerzen und ein bißchen Panik. Er rüttelt an Cedrics Schulter. Der brummelt was von "laß mich in Ruhe", aber da Fredegar nun schonmal angefangen hat, Cedrics Decken vollzubluten, rüttelt er energischer und schafft es schließlich, Cedric wachzukriegen (Sch... 24-Stunden-Larps denkt der in diesem Augenblick). Mißgelaunt macht sich Cedric nun daran, Fredegar einen Verband anzulegen. Statt einer Belohnung in Gold verlangt Cedric von Fredegar einen Gefallen. Er ist nämlich gerade auf der Suche nach dem grünen Stein von Guldabor, der schier unglaubliche Heilkräfte haben soll. Fredegar erklärt sich gerne zum Helfen bereit (und ist recht froh, denn so genau wußte er noch gar nicht, was er morgen eigentlich machen sollte).

Sir Geoffrey hat inzwischen Talandor zur Aufgabe gezwungen. Talandor konnte sich zwar eine Weile halten, aber irgendwann wurde ihm der Schwertarm lahm, denn so ein Langschwert, daß ist schließlich nicht aus Gummi. Und an dem blöden Schild von Sir Geoffrey kam er einfach nicht vorbei. Sir Geoffrey nimmt Talandor kurzerhand gefangen, bringt ihn zu seinem Zelt, fesselt ihn dort und verkündet, daß ihm morgen der Prozeß gemacht wird. Danach eilt er zur Singerunde zurück, denn da war ja das Fräulein mit dem blauen Kleid und den hübschen Augen...

Inzwischen ist Johann wieder zu sich gekommen (über die Maid hat Sir Geoffrey Johann völlig vergessen), und hat fürchterliche Kopfschmerzen und kann sich gar nicht erinnern, woher. Wohl wieder zu viel gesoffen... Er setzt sich zu den Singenden und erfährt so schließlich, was passiert ist. Als er erfährt, daß Talandor wegen ihm verletzt und gefangen genommen wurde, stiehlt er sich davon und kommt zu Sir Geoffreys Zelt. Dort findet er keine Wache, befreit Talandor, und beide beschließen, daß es besser ist, hier abzuhauen. Im Wald, so hörten sie, soll es eine Bande Räuber geben, vielleicht kann man sich denen eine Weile anschließen. Und so ziehen die beiden los, die Gesetzlosen zu suchen.

Und was ist da jetzt anders, als sonst? OK, hier die Variante, wie wir Spielleiter sie schon tausendfach beobachtet haben:

Nachdem Fredegar Johann eingeschläfert hat (nicht ohne daß Johann darüber nachgegrübelt hat, ob denn Fredegar auch wirklich noch genug Magiepunkte für den Zauber hatte...), sagt er: "OK, kom, steh auf, ich trage Dich raus." Johann überlegt, daß es ja echt anstrengend für den Spieler wäre, ihn zu tragen, steht auf, legt seinen Arm symbolisch um Fredegars Schultern und geht schleppend neben ihm her. Talandor sieht das und kommt angelaufen: "Mein Freund Johann, was ist mit Euch, geht es Euch schlecht?" Johann würde leise antworten: "Ich schlafe und der Typ trägt mich!" Ach, würde Talandor einen Augenblick verdutzt denken, so ist das, wäre ich jetzt nicht drauf gekommen. Und jetzt? Nachdem er einen Augenblick verdattert dagestanden hat, würde sich das Gespräch dann möglicherweise wie oben entspinnen, und Talandor würde eine Waffe ziehen, nur, daß er jetzt schon direkt neben Fredegar steht, und sich daher für den Dolch entscheidet, den er Fredegar an die Kehle hält.

Sir Geoffrey sieht dies. Aber am Feuer ist es wirklich viel gemütlicher, und das Singen macht echt gerade ziemlich Spaß. Jetzt aufstehen und eingreifen? Nö, keine Lust. So sieht er noch, wie Fredegar von Talandor gemeuchelt wird (denn k.o.-schlagen ist langweilig) und mit Johann eifrig über das Geschehene plaudernd abzieht. Das wars. Kein Sir Geoffrey, der am nächsten Tag seinen Gefangenen sucht. Kein Fredegar, der zusammen mit Cedric Steine sucht, sondern ein frustrierter Spieler, der einen neuen Charakter starten muß. Und Talandor und Johann langweilen sich morgen auch.

Nehmen wir aber an, daß Sir Geoffrey eingegriffen hätte. Fredegar nutzt das zum Abhauen und kommt verwundet zu Cedric. Fredegar denkt: "Och, den laß ich mal schlafen, was soll ich den jetzt wecken. Wir denken uns, ich hätte mich von ihm verbinden lassen." Und so verschwand auf wundersame Weise Fredegars Wunde - und seine Gelegenheit, ein Abenteuer zu erleben.

Zurück zu Talandor und Sir Geoffrey. Die streiten sich inzwischen, aber nicht mehr mit den Schwertern, sondern darüber, wieviele Punkte denn der Lederwams von Talandor aushält und ob nicht Sir Geoffreys Schild langsam mal kaputt sein müßte. Sie beenden den Streit mit einem unfreundlichen: "Ach, lassen wirs doch einfach..." Wäre der Streit nicht hierüber entbrannt, so sicherlich dann, als Talandor geflohen ist, denn dann hätte Sir Geoffrey wahrscheinlich lamentiert, daß das ja gar nicht geht, weil ja ein Ritter eine Wache am Zelt hat und die hätte niemanden reingelassen. Wie im Papierrollenspiel...

Jetzt wird es sicherlich hunderte von Fragen zu den neuen Regelungen geben. Scheue Dich nicht, einen von uns anzurufen und uns mit Fragen zu löchern. Und noch ein Appell an alle, die dem neuen Modell skeptisch gegenüber stehen. Wenn Du auf Larhgo X kommst, so bemühe Dich, deine Skepsis beiseite zu legen und ganz offen die neuen Regelungen auszuprobieren. Versuche nicht zu beweisen, daß man ohne Regeln nicht spielen kann, sondern probiere gemeinsam mit uns und den anderen Spielern aus, ob es nicht doch geht und vielleicht mehr Spaß macht. Vielleicht nochmal zur Sicherheit: Es ist wohl so ziemlich für alle etwas Neues, und wieviel von diesen neuen Regelungen Bestand haben wird, muß man sicherlich nach LX genau überlegen.

Zum Seitenanfang