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LARHGO IX

LARHGO IX aus der Sicht von Fuchs

Ein halbes Jahr ist schon wieder ins Land gegangen, seit kurz vor Sylvester LARHGO IX stattfand. Vom 27. bis zum 30. Dezember '97 ging dieses aus Spielleitersicht äußerst kuriose Spiel. Doch eins nach dem andern. Zunächst einmal muß ich wohl auch diesmal vorweg schicken, daß die vielen Monate, die zwischen dem Spiel und heute liegen, viele Details in meiner Erinnerung verschluckt haben und somit der Bericht stellenweise recht unpräzise oder gar fehlerhaft sein wird. Ich bitte um Nachsicht.

Den Plan, um Sylvester herum LARHGO IX stattfinden zu lassen, faßten wir schon sehr kurz nach LARHGO VIII. Zwei Gründe sprachen für diesen kurzen Zeitraum: Zum einen war da der Ehrgeiz, nach dem teilweise nicht sehr glücklich gelaufenen LARHGO VIII einige Scharten wieder auszuwetzen, zum anderen hatten wir die Hoffnung, daß nach einem weiteren LARHGO ein wenig Geld übrig bleiben würde, das uns helfen würde, die Schulden bei Burg Ludwigstein abzuzahlen. Um Mißverständnisse auszuschließen: Wir haben LARHGO IX nicht so kalkuliert, daß Geld für den Schuldenabbau im Preis enthalten war, denn es scheint uns unfair, andere Spieler für vergangene Spiele zahlen zu lassen. Jedoch planen wir seit je her immer einen Sicherheitsbetrag in den Kostenbeitrag mit ein, und wenn der übrigblieb, so gab es dafür bislang Zelte oder ähnliches, diesmal würden wir das Geld halt - so es denn übrigbliebe - für die Deckung der Verluste nehmen.

Eines war auf jeden Fall klar: Der Ort, an dem LARHGO IX stattfinden werden würde, mußte ein solcher sein, bei dem man nicht einen pauschalen Mietbetrag bezahlen, sondern einer, bei dem pro Person abgerechnet werden würde, damit die Kosten von der Teilnehmerzahl abhängen würden und so bei sehr wenigen Spielern kein neuerlicher Verlust herauskäme. Die Suche nach einem solchen Ort zwischen Weihnachten und Neujahr gestaltete sich unerwartet schwierig. Das von den Kiliross-Leuten ausgeliehene Buch mit Übernachtungsmöglichkeiten in Niedersachsen (eine wahre Fundgrube) gab zwar unzählige geeignete Plätze her, jedoch waren die fast immer um besagten Zeitraum herum ausgebucht. Die Wochen gingen ins Land, aber immer noch hatten wir keinen Ort gefunden, der uns geeignet schien.

Doch schließlich brachte das Buch den gewünschten Erfolg: Marienhafe, jenes Dorf, in dem einst Störtebeker zu hause war, verfügt über eine Windmühle mit Nebengebäude, die zu mieten war. Nicht so richtig billig (der Preis tat schon etwas weh...), aber der Beschreibung des Besitzers nach seeehr stilvoll. Trotzdem blieb da ein seltsames Gefühl - der Besitzer plauderte gerne und viel, so daß man manchmal von der eigentlich gestellten Frage wegkam, und wir so nur ein vages Bild der Umgebung bekamen. Wir mußten hinfahren, das war klar, aber das war nicht so einfach. Keiner im Spielleiterkreise konnte frei über ein Auto verfügen, und Zeit war ebenfalls ein Problem. Zeit in doppeltem Sinne: Bis ein Auto und ein Fahrer zur Verfügung stehen würden, würde es noch ein paar Tage dauern, aber es waren schon gar nicht mehr so viele Wochen bis Weihnachten. Was also tun? Wir haben die Mühle genommen und die Einladungen rausgeschickt, bevor wir hingefahren sind. Schon etwas gewagt.

Schließlich fuhr Brötchen mit Rana, Jana und Sketch hin (besten Dank nochmal!). Hmmm - die Reaktion der vier war... zögerlich. Die Mühle und das Gebäude waren absolut klasse, mit Alkoven zum Schlafen, verwinkelt, ideal z.B. für einen Dungeon. Das Gelände aber war nicht so riesig groß und ringsherum standen noch Wohnhäuser, die letzten Ausläufer des Dorfes, aber immer noch so viele, daß man nicht mal eben aufs platte Land gelangen konnte. Positiv waren noch die Aussicht, vielleicht weitere Mühlen in der Gegend nutzen zu können sowie mögliche Unterstützung durch den Störtebeker-Verein im Dorf, der mit seinen Kostümen möglicherweise gute Piraten abgegeben hätte.

Trotzdem - die Aussicht auf wenigen Hektar Land ein Wochenende zusammenhocken zu müssen; das würde schon besondere Planungen bedeuten. Wir dachten darüber nach, mit den Zeltbahnen, die wir ja nicht für Übernachtungszwecke brauchen würden, Bauten zu errichten, die sowohl als Blickschutz zu den Nachbarn wie auch als zusätzliche interessante Punkte auf dem Gelände dienen könnten, Dimensionstore, Labyrinthe usw. Das Haus würde natürlich eine zentrale Rolle spielen müssen, aber dafür war es ja glücklicherweise auch gut geeignet. Ideen kamen auf, Teile das Hauses verwahrlost und düster zu gestalten, einen "klassischen" Dungeon aufzubauen mit Gängen, Türen zu den Zimmern, in den Zimmern Monster, Gold etc.

Das Ganze mußte natürlich zur Vorgeschichte passen, die noch in der ungenauen Kenntnis des Ortes geschrieben worden war. Der Ort für LARHGO IX würde im hohen Norden liegen, im "Weißen Land". Hier gab es an der Nordwestspitze LARHGOs eine Siedlung, Celtär, in der nach Erzen geschürft wurde. Dauerhaft von Eis umgeben, ließen sich die Erze aber nicht direkt dort auf Schiffe verladen, so daß eine Handelsstraße nach Froßthir führte, der ersten zeitweise eisfreien Hafenstadt. Entlang dieser Handelsstraße lagen mehrere Dörfer, in denen die Händler auf ihren Reisen Station machen konnten. Jenseits der Handelsstraße lag unerforschtes Niemandsland, gefährlich und lebensfeindlich. Vor Froßthir schließlich lagen die Hahm inseln, um die herum die Schiffe von Froßthir aus fuhren, denn eine direkte Passage durch die Inseln galt als gefährlich.

Daß ich oben so viel im Konjunktiv schrieb, mag dem aufmerksamen Leser vielleicht schon zu der Schlußfolgerung gebracht haben, daß nicht alles so kam, wie ich es oben angedeutet habe. Sehr schnell nämlich hatten wir schon eine ganze Menge Anmeldungen auf dem Tisch. Nach und nach zeichnete sich ab, daß die Zahl der Teilnehmer die 70 wohl überschreiten würde, und das brachte uns dazu, ein paar Gedankenspielereien zu beginnen... Wir rechneten ein wenig herum und es ergab sich, daß der Anteil des Kostenbeitrages, der für die Übernachtungen in der Mühle vorgesehen war, sich inzwischen auf über 3000 Mark summierte. Nun wußten wir, daß das Museumsdorf in Oerlinghausen, bekannt durch LARHGO VI, in etwa diesen Betrag kostete. Da taten sich plötzlich völlig neue Perspektiven auf! Ein Anruf bei Herrn Schmidt, dem Museumsleiter ergab, daß das Dorf zwischen Weihnachten und Neujahr zu haben sein würde - klasse!!! Ein richtiger Schub der Erleichterung ging durch die Spielleitung, denn die ganzen Gedanken, die wir uns um irgendwelche störenden Nachbarn und beengte Verhältnisse machen mußten, waren nun hinfällig. Dazu kam, daß das Dorf natürlich nochmal um ein Vielfaches stilvoller sein würde als eine Windmühle.

Angeregt dadurch begannen wir nun auch mit den Detailplanungen der Handlung. Die sollte so aussehen: Der Ort des Geschehens würde eines der Dörfer entlang der Handelsstraße sein. Die Bewohner des Dorfes bestritten den Großteil ihres Lebensunterhaltes dadurch, daß sie Händler auf der Durchreise mitsamt Troß beherbergten und bewirteten. Trotzdem waren sie Fremden gegenüber nicht besonders aufgeschlossen. Unter den Dorfbewohnern gab es auch einen Geistlichen. Der predigte einen Glauben, der unter anderem Alkohol verbot. Dies scherte die Dorfbewohner nicht so rasend, denn heimlich brannten sie Schnaps und tranken den auch nicht selten. Dieser Schnaps war nebenbei auch ein beliebtes Schmuggelgut.

In der Obhut des Priesters und der Dorfbewohner standen auch drei Kinder, deren Abstammung sie zu Stammhaltern einer uralten Blutlinie machte, die zu erhalten zentraler Pfeiler der Religion der Dorfbewohner war. Ferner waren im Dorf noch ein paar Geschichten geplant, die sich um Schmuggel, Gold und ein unheimliches Ritual rund um die Kinder drehen sollten. Zu diesem Ritual hatten wir uns einige Gedanken gemacht, mit Effekten und verschwindenden Menschen und so. Um das Dorf herum gab es ein paar Eiswesen, die dann und wann mal einen Menschen verspeisten. Mit den Dorfbewohnern hatten sie eine Pakt: Sie fraßen niemanden der Dorfbewohner, dafür gaben die sich Mühe, Geschichten über diese Eiswesen in Umlauf zu bringen, die Reisende neugierig machen würden. Von großem Glück, das diese Eiswesen bringen sollten, kündeten die Erzählungen. Die Eiswesen wiederum würden, wenn die Dorfbewohner das Signal dazu gaben, Reisende in den Wald locken und die ersten reich beschenken. Die nächsten dann, angelockt von den offensichtlich wahren Geschichten um die Eiswesen, würden dann gefressen werden. Das, was diese Opfer bei sich trugen, konnten sich dann auch die Dorfbewohner unter den Nagel reißen.

Das Dorf war übrigens das erste hinter Froßthir. In jener großen Hafenstadt hatte sich zwei Tage vor LARHGO ein schwerer Kampf ereignet. Nordmänner aus den Hahm inseln litten Hunger und hatten daher beschlossen, Froßthir zu überfallen und zu plündern. Diese Nordmänner waren wilde Gesellen, ein Tod im Kampf war ehrenvoll, das Leben der Feinde zählte nicht viel. So hatten sie Froßthir auch bald eingenommen, jedoch war es einigen Bürgern von Froßthir gelungen, durch einen Fluchttunnel aus der Stadt zu fliehen. dabei wurden sie jedoch gesehen, so daß schon recht bald die Nordmänner die Verfolgung aufnahmen. Die Nordmänner kannten die Gegend ja nicht und wußten daher auch nicht, ob die Fliehenden nicht irgendwo schnelle und starke Verstärkung herbeiholen konnten und würden. Ein erster Trupp der Nordmänner blieb den Flüchtlingen auf den Fersen, während in Froßthir ein Hauptmann der Nordmänner weitere Gefährten für die Verfolgung sammelte.

Dieser Hauptmann war schon nicht mehr der Jüngste. Nun war es in seinem Volk unehrenhaft, im Bett zu sterben, und ein Tod im Kampf sollte eigentlich das sein, was dieser Hauptmann suchen sollte. Jedoch - irgendwie schien ihm das nicht richtig. Er wollte nicht einfach aus dem Leben gehen. Das konnte er natürlich niemandem sagen - er wäre sofort all seines Ansehens beraubt gewesen. Doch werden wir gleich noch sehen, wie ihn der Gedanke, etwas anderes als den Tod zu finden, beschäftigte.

Zunächst hatten die Flüchtlinge das Dorf erreicht, dort aber eben nur die Fremden eher verschlossenen Dorfbewohner getroffen. Die hatten sich die Geschichte von der Eroberung Froßthirs angehört, schenkten ihr aber wenig Glauben, denn die Reisenden erzählten viel, wenn der Tag lang war. Als aber kurz darauf die Nordmänner eintrafen, da sah die Sache schon anders aus. Nun wurde es für alle Parteien kompliziert. Die Nordmänner wußten, daß die Flüchtlinge aus Froßthir schon einige Zeit im Dorf waren und möglicherweise schon von Froßthirs Schicksal erzählt hatten. Es war aber nicht möglich, nun hier auch einfach alles niederzumachen, denn im Dorf waren auch reisende Händler mit nicht allzuwenig Troß - zu viele gute Kämpfer. Nun wußten die Nordmänner aber, daß Verstärkung kommen würde. Bis dahin mußte man die Situation erstmal unter Kontrolle halten.

Da waren diese Kinder. Ganz entgegen ihren sonstigen Methoden nahmen die Nordmänner die Kinder als Geiseln. Sie hatten eine gute Wahl getroffen, denn die Kinder waren dem Dorf wichtig. Sie zwangen die Dorfbewohner, den Mund zu halten und den Händlern nichts von der Geschichte zu erzählen. Auch die Flüchtlinge mußten schweigen, wenn sie nicht diese Kinder auf dem Gewissen haben wollten. Da sie auf die Dorfbewohner angewiesen waren, war das Druckmittel auch hier effektiv. Die Reisenden im Dorf hatten noch nichts mitgekriegt. Sehr gut. Die Nordmänner mischten sich nun unters Volk, um die Einhaltung der Bedingungen zu überwachen.

So war die Lage, als dann der Hauptmann mit der Verstärkung eintraf. Noch immer waren die Nordmänner nicht in der Übermacht, jedoch sah es jetzt besser aus. Dem Hauptmann aber kam nun ein ganz anderer Gedanke: Wenn er dieses Dorf unter seine Kontrolle bringen könnte, so könnte er hier Steuern und Wegzölle abgreifen, hier seinen Lebensabend vergolden. Das konnte er natürlich seinen Untergebenen nicht preisgeben, jedoch wurde sein Handeln fortan von diesem Gedanken geleitet.

So war die Planung. Was daraus wurde, davon will ich nun erzählen. Doch zunächst noch ein wenig zu den Geschehnissen in unserer Welt. Die hielt nämlich noch eine kleine Zitterpartie für uns bereit. Das Gespräch mit Herrn Schmidt bezüglich des Museumsdorfes hatten wir zu einem Zeitpunkt geführt, als sich die große Beteiligung an LARHGO IX zwar schon abzeichnete, jedoch noch nicht genug definitive Anmeldungen vorlagen, um auch eine definitive Zusage für das Dorf zu machen. Herr Schmidt sagte zudem noch, daß er noch Valeri fragen mußte, der soetwas wie der Hausmeister im Dorf war und natürlich Zeit haben mußte, denn regulär war das Museumsdorf geschlossen und Valeri hatte dienstfrei. Herr Schmidt machte uns diesbezüglich allerdings Mut, und wir kannten Valeri ja von LARHGO VI als netten, hilfsbereiten Menschen, der auch gerne im Dorf war.

Nichts desto trotz war zunächst noch gar nicht wirklich sicher, ob wir das Dorf haben würden. Nun überstieg jedoch die Zahl der Anmeldungen die magische Zahl, und wir wollten alles dingfest machen. Herr Schmidt hatte schon gesagt, daß er in Urlaub sein würde, uns aber die Nummer seiner Vertretung gegeben. Aber da meldete sich niemand... Tagelang nur ein ödes Freizeichen... Ein wenig kramen in den Unterlagen von LARHGO VI förderte noch die Nummer des Museumsdorfes selber zu Tage, an der aber nur ein Anrufbeantworter fröhlich verkündete, daß das Museum geschlossen sei. Man konnte da auch hinfaxen, aber selbst das förderte keine Rückrufe zu Tage.

Wieder entschlossen wir uns zu einem recht mutigen Schritt - die Infoblätter mit Anmeldebestätigung und Anfahrtbeschreibung mußten raus, denn inzwischen waren es nur noch zwei Wochen bis LARHGO. Ungeachtet aller Unsicherheiten verkündeten wir das Museumsdorf als neuen Ort des Geschehens... Hm. Als schließlich so gar kein Anrufversuch irgendwelchen Erfolg brachte, dehnten wir unsere "Ermittlungen" aus. Auskunft - kein Erfolg. Stadtverwaltung: Rufen Sie doch mal da an. Urlaub. Nochmal Stadtverwaltung. Ja, dann vielleicht dort. Ach, die Frau Dreitermann suchen Sie, ja, die ist nach Bielefeld gezogen. Die Nummer habe ich aber nicht. Oh weh! Auskunft. Frau Dreitermann, Bielefeld? Ja, haben wir. Freude! Anruf - Ja, sie wäre die Frau Dreitermann, die das Museumsdorf mit leite Puh - Erleichterung. Nun ging alles wunderbar einfach - wir bekamen die Nummer von Valeri - alles weitere klärten wir mit ihm, kein Problem, Ihr könnt kommen. Uff!

Die verbleibenden Tage bis LARHGO vergingen nun fast wie im Flug. Eine ganze Menge Planung mit viel Rumtelefoniererei stand noch an, um die Nordmännergeschichte und die Dorfbewohner zu organisieren. Schließlich aber war es soweit, wir machten uns auf den Weg. Ha, da kann ich gleich wieder eine kleine Geschichte zum besten geben. Als Fahrzeug hatten wir diesmal den Kombi meines Vaters benutzt. Das schien für unsere Pläne genug - so unendlich viel Krams würden wir diesmal nicht haben, die Lebensmittel würden wir vorort einkaufen. Noch einen Rucksack von einem Spieler mitnehmen? Kein Problem, klar. Rucksack rein, hin zu Sketch. Oh - äh - das ganze Treppenhaus voll mit Sachen. Stoffe. Zeltbahnen und -stangen. Schminke. Masken. Polsterwaffen. Kerzenleuchter. Fackeln. Laternen. Sketchs Wohnung sah richtig leer aus. Und Sketch sah ziemlich besorgt aus: Das soll alles in das Auto? Ha, da packte mich der Ehrgeiz. Klar Sketch, das geht. Also, von Anfang an effektiv packen. Um es vorweg zu nehmen: Ich habe alles reingekriegt, bis auf eine Gitarre. Aber - zugegeben - es war schon arg knapp und eng. Kofferraum bis wirklich obenhin gerammelt voll, die Zeltstangen auf dem Dach, Sketch und Jana hatten noch Sachen auf dem Schoß - puh, knapp. Egal, los gings! He, nimm mal die Tasche vom Schalthebel weg! Wohin soll ich die denn noch tun??? OK, wird schon gehen...

Auf der Autobahn bekam ich dann schon ein ziemlich schlechtes Gewissen - das Auto fuhr ziemlich schwammig und unstabil, jede Bodenwelle war zu spüren - klarer Fall von überladen... Na ja, wir hatten es nicht eilig, 120 ist auch ein schönes Tempo. Ist Euch schonmal aufgefallen, in welch schlechten Zustand die A27 ist...?

Vorort dann erstmal Schwelgen in der tollen Atmosphäre des Dorfes. Ahhh! Diese Hütten! Die Ziegen im Dorf! Wie geschaffen für ein LARP! Das Ganze konnte nur gut werden. Das Wetter - na ja, Mieselregen, aber nur ganz wenig, eigentlich nur ein etwas schwererer Nebel. Und erstaunlich warm. Valerie gab uns die Schlüssel, plauderte mit uns (Valeri ist wirklich nett, hilfsbereit und freundlich!) und wir begannen das Abladen. Die erste Nacht im großen Langhaus - herrlich.

Am nächsten Tag dann Lebensmittel kaufen, Aufbauen, die Spieler kamen dann auch schon. Nun begann die altbekannte Hektik, CheckIn, tausend Fragen, Spieler unterbringen - und leider begann auch der erste Frust. Wir waren ausdrücklich gebeten worden, nicht oben am Dorf mit Autos zu parken, sondern den Museumsparkplatz ein kleines Stück weiter unten zu nutzen. Entsprechende Anweisungen gingen an die Spieler. Toll, hätten wir uns auch schenken können. Fast niemand fuhr seine Autos nach dem Entladen wieder runter. Trotz Aufforderungen an die Menge - denn die Fahrer selber zu finden, dafür waren es einfach zu viele Leute und zu viel zu tun. Ziemlich genau 90 Spieler waren es schließlich.

Ein weiteres Problem war, daß die Spieler der Dorfbewohner so ziemlich als letztes ankamen - was im Prinzip natürlich kein Beinbruch ist, in diesem speziellen Falle jedoch dazu führte, daß die Handlung, die eigentlich vom Nachmittag an schon losgehen sollte, etwas chaotisch anlief. Trotzdem, zum Abend hin hatten wir eigentlich alles soweit im Gang - die Dorfbewohner und ihr Priester kannten sich und spielten, soffen heimlich aus ihren Flachmännern und hatten rote Nasen (hihi). Die Nordmänner hatten die Kinder (drei Puppen), ein Haus und ihren Hauptmann. Der Rest der Spieler war untergebracht, alles bereit.

Ein weiteres Problem begann sich aber abzuzeichnen. Unter dem erwähnten Rest der Spieler war eine Unmenge von Söldnern. Schon im Vorfeld hatten wir versucht, wenigstens einige der Spieler zu anderen Rollen zu überreden, aber irgendwie wollte niemand. So saßen da irgendwas zwischen 30 und 40 Söldner rum und warteten auf Auftraggeber. Das waren dann auch fast alles LARHGO-Neulinge, die mit der LARHGO-Geschichte und -Spielweise nicht sehr vertraut waren. Wir haben uns im Vorfeld ziemlich den Kopf zerbrochen, was man mit denen so anstellt, aber so richtig wollten uns die Ideen nicht einfallen. Wir vertrauten also darauf, daß sie irgendwie auf die Eiswesen ansprechen würden oder sich vom Grafen des Ludwigstein, der zufällig gerade hier war, anheuern lassen würden. Tatsächlich aber saßen diese Leute so ziemlich komplett im untersten Langhaus und schienen sich irgendwie auch zu langweilen. Na ja, mal abwarten, dachten wir uns, es geht ja gerade erst los. Trotzdem - sich langweilende Spieler geben einem Spielleiter ein ungutes Gefühl. Hat man etwas falsch gemacht...?

Und noch mehr lief nicht so, wie erhofft. Der Priester der Dorfbewohner, der eigentlich von allen am besorgtesten um das Leben der Kinder sein sollte, erwies sich als äußerst wagemutig, denn er erzählte allen möglichen Reisenden von dem Problem, und das, obwohl Nordmänner in der Nähe waren, die das mitbekommen mußten. Auf Drohungen, sie würden eines der Kinder umbringen, reagierte der Priester nicht. Dumm - der Spieler war wohl eine Fehlbesetzung für die Rolle. Dabei hatte er eigentlich entsprechende Anweisungen... Argl! So kam, was kommen mußte. Die Konfrontation der Nordmänner mit dem Rest des Dorfes, geplant so locker für Samstag Nacht, begann nun schon Freitag Abend. Und war Anlaß für eine ganze Menge neuen Frust!

Zunächst lief alles wunderbar. Die Reisenden im Dorf begannen langsam aber sicher auf die Situation aufmerksam zu werden, verschafften sich ein Bild der Lage, und unter der Leitung des Grafen vom Ludwigstein begann sich der Widerstand zu formieren. Nun begann eine Schlacht um das Haus, das die Nordmänner besetzt hielten. Die Ideen, die beide Seiten dabei entwickelten, waren ziemlich klasse! Blockade des Einganges mit Schilden, Aufreißen des Reetdaches (natürlich gespielt), Anzünden des Hauses, Fällen eines Baumes, Verhandlungen und vieles mehr. Leider leider leider scheiterte das Ganze am Unvermögen der Beteiligten, die Situation vernünftig zu handhaben. Keiner wollte dem Vorhaben der Gegner Erfolg zugestehen, endlose Diskussionen um ich-hab-Dich-aber-getroffen-nein-hast-Du-nicht und Dein-Schild-muß-doch-längst-kaputt-sein-ne-Dein-Arm-ist-doch-längst-kaputt-also-kannst-Du-mir-den-Schild-nicht-zerdeppern zermürbten die Spieler zusehends.

Das Ganze begann sich hinzuziehen. Immer wieder gab es Ausfälle, Angriffe, Diskussionen. Die Sache begann uns nun ganz andere Sorgen zu machen - Mitternacht war lange vorbei, und wir waren darum gebeten worden, nach zehn Uhr den Lärmpegel nicht allzu hoch werden zu lassen. Aber die Kämpfe - na ja, man kennt das ja. Doch was sollte man machen? Wir ließen die Leute gewähren und richteten uns seelisch und moralisch auf ein wenig Streß mit Nachbarn am nächsten Tag ein - was solls. Trotzdem, wieder ein ungutes Gefühl im Magen...

Das wirklich traurige Ende vom Lied kam dann irgendwann nachts um drei Uhr - beide Parteien beendeten die Kampfhandlungen mit einem erbosten: "Ach, vergessen wirs einfach - hat keinen Sinn!" Die endlosen Diskussionen um Regeln, Rechthaben und das, was geht und was nicht geht, forderten nun ihren Tribut. Frustriert brachen die Spieler die Handlung einfach ab. Bäh!

Samstag begann dann damit, daß die Nordmänner versuchten zu fliehen. Dabei wurden sie natürlich gestellt und niedergemacht. Dabei haben sie sich aber wirklich wacker geschlagen. Die Folge aber nichts desto trotz: Samstag, früher Nachmittag, einer der Haupthandlungsstränge war tot. Weitere Zwischenbilanz: Auf die übrigen Handlungsstränge stieg so recht niemand ein. Vom Schmuggel, von den trinkenden Dorfbewohnern, von allen weitern Kleinigkeiten nahm eigentlich niemand ernsthaft Notiz. Immerhin blieben Klagen von Nachbarn komplett aus. Immerhin. Trotzdem, die Summe all der schlechten Gefühle, die man so zwischendrin erdulden mußte und der Eindruck der Spielleitung, daß nun ziemlich wenig Handlung lief, drückten unsere Stimmung in einen wirklich tiefen Keller. Frust!

Diese Stimmungslage führte dazu, daß die gesamte Spielleitung sich in der Küche, die sich im einzigen modernen Gebäude, einem Keller mit sanitären Anlagen, Technikraum und eben Küche befand, zusammenfand. Anders als sonst bei LARHGO, wo immer mal ein Spielleiter Frust schob, waren es diesmal wirklich alle, die sich tiefer Depression hingaben. Insofern richteten wir uns auch gegenseitig keineswegs auf. Die Folge dieser Situation war allerdings eher kurios: Alle Spielleiter hatten große Lust, sich ums Essen zu kümmern. So warfen wir denn einen Blick auf die eingekauften Lebensmittel und kreierten sieben verschiedene Menüs, die wir nacheinander zubereiten würden. Wir schrieben sie auf Tafeln und brachten sie in die Taverne, wo dann jeder Spieler sich für eines der Menüs entscheiden konnte und damit auch den Zeitpunkt festlegte, wann er sein Essen einnehmen würde, denn wie gesagt, die Menüs würden nacheinander gereicht werden. Dieses Konzept wurde mit einiger Begeisterung aufgenommen - es soll angeblich sogar ein Lied drüber geben. Die Essenszubereitung brachte dann auch wieder etwas Leben in die recht apathische Spielleitung, und wir hatten sogar soetwas wie Spaß bei der Sache.

Vor allem aber nutzen wir die Zeit des Essenkochens, um unsere Eindrücke vom bisherigen Spiel einander mitzuteilen, darüber zu diskutieren und über das "Wie jetzt weiter" zu reden. Dieses Gespräch nahm schließlich Dimensionen an, die über dieses LARHGO hinausgingen. Es wurden die ersten Ideen geboren, die wir jetzt, beim nahenden LARHGO X ausprobieren werden. Eben ein Spiel mit nahezu keinen Regeln, einem großen Gewicht auf Rollenspiel, dem weitgehenden Vermeiden von Simulationen und viel spielerischer Eigenverantwortung. Erhärtet wurde dieser Vorsatz noch durch ein paar Spieler, die ankamen und sagten, sie hätten jetzt dem und dem zwölf Zinnbecher gestohlen, nur daß wir bescheid wüßten. Nun, das wäre OK, sagten wir, sie dürften die gerne klauen, halt nur zum Ende zurückgeben. Neinein, sagten die Spieler, die Becher wären nicht wirklich da, sie wären eine Beute von einem vorherigen LARP, die sie nun den anderen Spielern abgenommen hätten, aber die Becher wären gar nicht wirklich hier. Darum hätten sie ja auch bescheid gesagt, damit wir das auch wüßten. Oh mann. Warum nicht gleich Papierrollenspiel?

Ein Blick über das abendliche Dorf zeigte dann übrigens, daß wir mit unserer These, daß nicht passieren würde, nicht ganz richtig lagen. Glücklicherweise gab es noch zwei weitere Plots, die allerdings nicht von uns stammten, die unerwartet viel Raum einnahmen. Zum einen waren das die Traumhändler, die eine eigene Geschichte von LARP zu LARP tragen. Ich möchte die Details hier nicht preisgeben, denn die Gruppe existiert nach wie vor und hat ihre Geheimnisse, jedoch soviel kann ich ohne Bedenken sagen: Eines der Mitglieder der Gruppe war auf der Suche nach einem Vogeltotem in einer der Traumwelten. Darum drehte sich dann ein größeres Ritual, in dem Dnabun, der Dämon der Alpträume, einen Vertreter senden würde, der dann von einem guten, rechtschaffenden Krieger zurückgeworfen werden mußte (na so in etwa...). Dieses Ritual erforderte viel Vorbereitung, in deren Zuge auch weitere Leute im Dorf mit einbezogen wurden.

Weiter waren da noch Leute aus Flandern, in ihrer Natur den Nordmännern gar nicht mal unähnlich, die von einem erfolgreichen Raubzug mit großer Beute zurückkamen und nun feierten und ihre Beute verhökern wollten. Um sie herum drehte sich auch einiges an kleineren Geschichten. Eigentlich waren es wieder in erster Linie die Söldner im unteren Langhaus, die Langeweile schoben. Der Rest war, wenn er nichts zu tun hatte, in der Taverne, wo die Dorfbewohner (ganz entgegen vorheriger Planung, aber jetzt sehr willkommenermaßen) gute Stimmung verbreiteten. Die Dorfbewohner haben super gespielt, muß man wirklich sagen!

Inzwischen hatten wir auch das erste mal die Eiswesen auftauchen lassen. Natürlich auch in er frommen Hoffnung, daß die sich Langweilenden sofort darauf anspringen würden. Aber nein, wer folgte den ersten Eiswesen in den Wald? Die Traumhändler, die eigentlich eh schon viel zu tun hatten. Na ja, damit hatten sie sich auch einen Beutel Gold verdient, der ja wirklich als erster Köder geplant war. Nun mußte sich die Sache etwas rumsprechen, damit andere anbeißen konnten, also vor dem nächsten Auftauchen noch etwas warten. Dummerweise gabs auch hier wieder ein paar Mißverständnisse, diesmal in der Spielleitung selbst, die um ein Haar zu einem handfesten Streit geworden wären, da die Nerven eh recht blank lagen. Ist aber nochmal gut gegangen.

Ein kleiner "Kontrollgang" durchs Dorf fügte dem bisherigen Frust bei mir noch neuen hinzu. Irgendwie war ich schon in so einer Art Scheiß-egal-Stimmung, sonst wäre ich wahrscheinlich an diesem Abend etwas ausgerastet. Das Museumsdorf besteht aus etwa einem Dutzend reetgedeckten Hütten, die zusammen mehrere Millionen wert sind. Eine Veranstaltungsversicherung für soetwas ist abslut nicht zu bekommen gewesen, das heißt, wir als Spielleiter hatten ein gutes Stück Risiko am Hacken. Dementsprechend deutlich fielen unsere Warnungen im Infoblatt aus, daß man gefälligst mit Feuer aufzupassen hatte. Doch was mußte ich im unteren Langhaus sehen? Spirituskocher, mitten im Stroh, das nur halbherzig ein klein wenig zur Seite geschoben war... Oh mann, wofür haben wir eigentlich das Info-Blatt geschrieben?

Nun war es an der Zeit, daß die Eiswesen ein zweites Mal ihre Wunderkerzen-Irrlichter auftauchen ließen. Aber anstelle der erhofften Scharen von interessierten Spielern kamen wieder - die Traumhändler. Seufz. Nein, definitiv, die konnten wir nicht umbringen und aufessen, die waren zu wichtig für die Handlung. Immerhin lief ja deren Plot. Aaaaahhh! Wieder eine Handlung gestorben. Bäääh!

Das Kuriose nach wie vor: Während wir Spielleiter uns anfrusteten und ständig in neues ungläubiges Kopfschütteln verfielen, während die Spieler im unteren Langhaus nicht wußten, was sie mit sich anfangen sollten, hatte der Rest der Spieler ganz offensichtlich schon irgendwelchen Spaß - man hörte von allerlei Kämpfen, Feiern, Verhandlungen... Na ja, immerhin etwas.

Trotzdem, es kratzt einfach an der Ehre eines Spielleiters, daß es einem nicht gelingt, einige Spieler einzubinden. Also, nochmal, Grübeln, was macht man mit denen? - - - Was nur? - - - Ideenlosigkeit. OK, dann eben 0-8/15. Wir schreiben ein Dokument, in dem von einem magischen Schutzamulett die Rede ist, schneiden es in fünf Teile und verteilen die übers Dorf. Dann noch einen kleinen Hinweis darauf - nicht sehr einfallsreich, aber sowas funktioniert ja schließlich immer... Immer? Nein, noch nicht mal immer öfter...

Das Dokument war in Fraktur geschrieben, mit Zeichnung dabei. Recht auffällig also. Das größte Stück davon trug ich ins Langhaus und ließ es dort, als gerade niemand herguckte, mitten in den Zentralgang fallen. Da lag es. Nochmal gucken: Ja, richtigrum, gut zu sehen. OK, jetzt heißt's warten. Eine Stunde später führte mich der Weg erneut durch das besagte Langhaus - und siehe da - der Zettel lag immer noch da. *SEUFZ!* Immerhin - für mich bedeutete dies: Die wollen einfach nicht. Von diesem Augenblick an waren mir diese Spieler völlig egal. Vielleicht nicht fair, diese Einstellung, aber enorm erleichternd. Immerhin waren diese Spieler es auch, die unsere Anweisungen mit Füßen traten.

Wer nachher diesen Handlungsstrang löste und in einem anstrengenden Handel das Amulett auch wirklich erstand, waren die Leute aus Flandern. Na, da war das Amulett eigentlich auch in den besten Händen, denn das waren LARHGO-Stammspieler. Ich als derjenige, der das Amulett trug und es den Flandernern verkaufte, bleib noch ein wenig und feierte mit ihnen - irgendwie mußte ich mich mal aufbauen.

Inzwischen war es Samstag Nacht, Zeit, in den Schlafsack zu schlüpfen. Sonntag fuhr dann der Großteil der Spieler ab - etwa 15 hatten sich entschlossen noch bis Montag zu bleiben, eine Option, die wir recht kurzfristig dann doch noch anbieten konnten. Erstaunlicherweise waren unter den 15 auch einige aus dem unteren Langhaus - denen schien es also trotz alledem noch Spaß gemacht zu haben - ich war ehrlich überrascht.

Sonntag lief auch noch einiges an Handlung, die Traumhändler zogen noch das Ritual durch, dabei lief ihnen einiges schief (im Spiel), so daß der Abgesandte von Dnabun etwas außer Kontrolle geriet (welche Kontrolle...?), was zu netten Kampfszenen geführt hat, bei denen auch dramatisch ein Spiegel und eine Metflasche zu Bruch gingen. War noch ganz unterhaltsam.

Mit den 15 Verbleibenden wurde es sogar noch richtig nett, mit Gesang, einer Spontanhandlung um ein Werwolfwesen, daß eine Frau entführte (ziemlich simple Sache eigentlich, aber trotzdem wars nett, weil man endlich mal eine Rolle spielen konnte) und einigen längeren Diskussionen um unsere neuen Ideen für zukünftige LARHGOs.

Der endgültige Abbau am Montag allerdings versetzte der durch Sonntag Abend etwas gebesserten Stimmung dann den finalen Tiefschlag. Ganz offensichtlich hatte sich keiner der Abreisenden an unsere Weisungen gehalten und sich um die Müllentsorgung gekümmert. In die aufgestellten Mülltonnen im Dorf waren wild durcheinander Essensreste, Tetrapacks, Flaschen und alles mögliche sonst geschmissen worden. Diese Mülltonnen aber waren nur fürs Dorf, ihr Inhalt mußte in die eigentlichen Mülltonnen für die Müllabfuhr und die gelbe Tonne umgeschichtet werden. Ich habe ungelogen drei geschlagene Stunden widerlichen Müll sortiert, damit wir das Zeug überhaupt unterbringen konnten!

Der Abbau danach ging reibungslos. Valeri half noch kräftig mit (vielen Dank!), wie er überhaupt immer mal vorbeikam und ein wenig gute Stimmung brachte, denn mit ihm zu plaudern war immer sehr nett. Das Auto war auf der Rückfahrt noch voller als auf der Hinfahrt, da Fundsachen und ein paar Zeltbahnen, die Bapt noch mitgebracht hatte, ebenfalls mitmußten. Nun war auch das Dach des Autos voll. Die Rückfahrt ging dementsprechend nur noch mit etwa Tempo 80 vonstatten. Ich bin nur froh, daß weder die Polizei noch ein Achsbruch uns aufhielten...

Tja, wird es den geneigten Leser nun noch sehr wundern, daß mein Fazit für dieses Spiel vernichtend ausfällt? Nein, wirklich, für uns Spielleiter, so kann ich mit Fug und Recht schreiben, war dies das mit Abstand schlechteste aller LARHGOs. Wir kamen uns diesmal wirklich wie die Blödmänner vom Dienst vor, gut genug, um für die Spieler die ganze Organisation zu machen, aber ansonsten wenig beachtet. Unsere gesamten Bitten und Anweisungen aus dem Infoblatt und vorort wurden mit Füßen getreten. Wir hätten das Infoblatt auch genausogut als Klopapier auslegen können, es hätte keinen Unterschied gemacht. Nun ist es normalerweise bei LARHGOs so, daß die positiven Ereignisse leicht mal über Mängel im sonstigen Ablauf hinwegsehen lassen, sie erträglich machen. Das Müllsortieren würde ich ja noch in Kauf nehmen, wenn es etwas Schönes gäbe, an das man dabei denken kann. Aber diesmal steigerte sich nur mehr und mehr der Zorn auf die konsumorientierten Spieler auf.

Es ist immerhin ein Trost, daß alle Spieler, die mir etwas bedeuten (so z.B. jene, die ich von vorherigen LARHGOs kennen und schätzen gelernt habe), nach dem Spiel oft und ohne Zögern von sich aus sagten, daß es ein gutes Spiel gewesen wäre. Ich bin geneigt, ihnen das zu glauben, denn wie gesagt, ich wagte gar nicht, danach überhaupt zu fragen. An der Spielleitung aber ist der Spaß echt vorbeigegangen; besonders schlimm hatte es Bapt erwischt - ich hatte wirklich die Befürchtung, daß er nie wieder an LARHGO mitwirken würde.

Es blieb - nein, es bleibt die Frage nach dem Warum, die Frage, wieso es zu solch einem Konsum-LARHGO wurde. Konsum im Sinne von: Die Spielleitung schafft Ort, Essen und Handlung herbei, die Spieler benutzen es, scheren sich dabei einen Dreck um die organisatorischen Belange und fahren, einen Müllhaufen hinterlassend, ab, denn die Spielleitung kanns ja wegräumen. Das ist einfach nicht typisch LARHGO gewesen. Warum? Folgende Thesen haben wir aufgestellt:

Erstens die große Zahl von LARHGO-Neulingen. Die sind es vielleicht von anderen LARPs nicht anders gewohnt. Dafür spricht, daß die Mülltonne im unteren Langhaus wirklich die schlimmste war. Zweitens: Eine gewisse Entfernung von Spielleitung und Spielern. Schon nach LARHGO VIII gab es ja einige Diskussionen darum, daß die Spielleiter sich auf allerlei Treffen der LARHGO-Spieler rar gemacht haben. Und dann Diskrepanzen um die LARHGO-Karte - na ja, ich glaube, inzwischen sind diese Fragen geklärt oder zumindest angesprochen und man versteht sich wieder besser, aber zu LARHGO IX waren diese Fragen noch jung. Die Folge: Die Spieler fühlen sich möglicherweise nicht mehr voll in LARHGO eingebunden, nicht mehr als Teil der "Familie". Drittens die ewige Frage: Welche Regeln sind die besten. Die Probleme um den Kampf um die Nordmänner waren wirklich symptomatisch. Dazu die imaginären Zinnbecher. Da entwickelte sich etwas in die falsche Richtung, hin zum Punkte- und Papierrollenspiel, weg von der Darstellung von Rollen und vom realen "live" Ausspielen von Situationen.

Diese Überlegungen führten uns nun in der Vorbereitung von LARHGO X zu einigen Änderungen, von denen wir uns Besserung erhoffen. Da sind als herausstechendes Merkmal zunächst die neuen, offenen Regeln. Wir sehen darin, so wenig wie nur irgend möglich über Punkte o.ä. zu simulieren, eine riesige Chance für gutes Rollenspiel. Die Verpflichtung, alles so weit es geht auszuspielen, steht jetzt im Vordergrund. Und damit wird auch ein gut Teil der Verantwortung verlagert. Im Zweifelsfalle ist es jetzt nicht mehr der Spielleiter, der herbeigerufen werden muß, sondern die Spieler können und müssen selber den richtigen Weg finden. Das gibt vielleicht auch etwas das Gefühl zurück, an LARHGO wirklich etwas mitgestalten zu können.

Dazu trägt vielleicht auch bei, daß wir weitere Verantwortung verteilen. Das CheckIn, eh immer eine nervige Angelegenheit, wird auf das Minimum reduziert. Keine Abklärung von Zaubern und Tränken mehr, denn die Verpflichtung zur überzeugenden Darstellung regelt diese Punkte von selbst. Kein Waffentest mehr, denn jeder Spieler hat die Verpflichtung, auf Sicherheit selber zu achten. Das schließt auch mit ein, unsichere Waffen anderer Spieler aus dem Verkehr zu ziehen. Mehr Verantwortung bei den Spielern, aber auch mehr Gestaltungsfreiheit.

Schließlich haben wir uns als Folge der Schwierigkeiten, immer und überall einen sinnvollen Plot aus dem Hut zu zaubern, entschlossen, den Anspruch an uns selber fallen zu lassen, wirklich jeden immer und überall zu unterhalten und in eine Handlung einzubinden. Wir als Spielleitung werden nun mehr den Handlungsrahmen vorgeben, Ambiente schaffen und den Ort des Geschehens glaubhaft darstellen. Natürlich werden wir auch weiterhin Handlungen anleiern, aber eben nur soviele, wie uns einfallen und mit guten Ideen verbunden sind. Hier können die Spieler ganz enorm mitgestalten, denn eigene Plots sind mehr als willkommen.

Von all dem erhoffen wir uns ein wenig die Rückkehr zur LARHGO-Familie, zum Miteinander. Nur so werden sich die Spieler wieder mit zuständig fühlen für das Gelingen des Spieles uind ihren Teil dazu beitragen. Hoffen wir. Glauben wir! Insofern war LARHGO IX vielleicht doch ein Erfolg für die Spielleitung - der sich erst auf LARHGO X bemerkbar machen wird. Auf jeden Fall sind wir voller Zuversicht und Vorfreude auf das nächste LARHGO!

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